Arterienerkrankungen

Verschlusskrankheit der Becken- und Beinarterien
Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) ist die chronische arterielle Verschlusskrankheit der Extremitäten und tritt am häufigsten in den Beinarterien auf. Typische Beschwerden sind belastungsabhängige Schmerzen in der Beinmuskulatur (Claudicatio intermittens), die beim Stehenbleiben besser werden oder sogar verschwinden („Schaufensterkrankheit). In fortgeschrittenen Stadien können Ruheschmerzen und Wunden auftreten. Ursächlich ist in über 90% der Fälle die Arteriosklerose, deren wichtigste Risikofaktoren der Diabetes mellitus, das Rauchen und die arterielle Hypertonie sind. In den meisten Fällen kann eine exakte Diagnose der PAVK durch nicht invasive Untersuchungsmethoden (Farbduplex- und Dopplersonographie) gestellt werden, selten muss zur Diagnnosestellung Kontrastmittel (Angiographie) verwendet werden. In fortgeschrittenen Stadien der PAVK muss eine invasive Therapie durchgeführt werden – sehr oft Aufdehnung mit Ballon (perkutane transluminale Angioplastie – PTA) mit oder ohne Einsatz einer Gefäßstütze (Stent), nur selten ist eine Operation (Desobliteration oder Bypass) notwendig.

Akuter Arterienverschluß
Ein akuter Arterienverschluss kann durch Verschleppung eines Blutgerinnsels (Embolus), durch lokale Gerinnselbildung in einem vorgeschädigten Gefäß (lokale arterielle Thrombose) oder durch einen Gefäßriss (Dissektion) verursacht werden. Da es meistens keine Umgehungskreisläufe zur Kompensierung der Situation existieren, kommt es zur kritischen Einschränkung der Durchblutung. Die typischen Symptome wurden 1954 von Pratt zusammengefasst (6 P nach Pratt: pain = Schmerz, paleness = Blässe, paresthesia = Gefühlsstörung, pulselessness = Pulslosigkeit, paralysis = Bewegungsunfähigkeit, prostration = Schock). Es handelt sich um eine Notfallsituation, die verschlossene Arterie muss so schnell wie möglich interventionell oder operativ wiedereröffnet werden.

Verschlusskrankheit der Schulter- und Armarterien
In weniger als 10% der Fälle betrifft die PAVK die oberen Extremitäten. Typischerweise präsentieren solche Patienten Schmerzen bei Armbewegungen (Armclaudicatio). Patienten die am Herzen Bypässe bekommen haben können zudem Angina pectoris entwickeln, wenn die Brustwandarterie der Körperhälfte mit einer Verengung der Schlüsselbeinader als Bypassmaterial verwendet wurde. Auch diese Arterien werden meistens interventionell (PTA mit oder ohne Stent) behandelt.

Verschlusskrankheit der hirnversorgenden Arterien
Insbesondere in den Aufzweigungen der Halsschlagadern kann es zu atherosklerotischen Ablagerungen kommen, die zu Verengungen (Stenosen) führen. Dadurch sind diese Patienten schlaganfallgefährdet. Vorbote eines drohenden Schlaganfalls sind dabei Phasen flüchtiger Blindheit auf der verengten Seite (Amaurosis fugax). In diesen Situationen muss schnell gehandelt werden und der Patient zur Beseitigung der Engstelle (durch offene Operation oder Stentimplantation) stationär aufgenommen werden.

Verschlusskrankheit der Nierenarterien
Verengungen der Nierenarterien (Nierenarterienstenosen) sind am häufigsten arteriosklerotisch verursacht und führen zu schwer einstellbarem Bluthochdruck sowie zu Verschlechterung der Nierensituation. Die Nierenarterienstenosen lassen sich in erfahrenen Zentren durch Ballonangioplastie und Stentimplantation gut behandeln.

Verschlusskrankheit der Baucharterien
Im Rahmen einer generalisierten Arteriosklerose können auch die Arterien der abdominellen Organe (Viszeralarterien) verstopfen. Eine langsamer Verschlussprozess (chronische Mesenterialischämie) manifestiert sich typischerweise durch abdominelle Schmerzen nach Nahrungsaufnahme (Angina abdominalis) aber auch durch Gewichtsverlust oder chronischen Durchfall. Dabei wird meistens interventionell (Ballonangioplastie und Stentimplantation) behandelt. Die Viszeralarterien können aber auch akut Verstopfen (akute MesenterialischämieMesenterialinfarkt), sehr oft aufgrund Verschleppung eines Blutgerinnsels (z.B. bei Vorhofflimmern), in dieser Situation präsentieren die Patienten massive abdominelle Beschwerden (akutes Abdomen) und müssen schnellstmöglich operiert werden.

Aneurysmen
Bei jahrelang erhöhtem Blutdruck können Arterien mit vorgeschädigten Wänden Aussackungen (Aneurysmen) entwickeln. Solche Veränderungen treten beim Menschen insbesondere im Bereich der Bauchschlagader (Aorta abdominalis) und der Kniekehlenader (Arteria poplitea) auf. Ab einer gewissen Größe steigt die Gefahr einer Blutgerinnselbildung und eines Gefäßrisses, die Aneurysmen müssen dann operativ oder interventionell ausgeschaltet werden.

Venenerkrankungen

Tiefe Venenthrombose und oberflächliche Venenentzündung
Verschiedene Situationen wie Ruhigstellung nach einer Operation oder nach längeren Erkrankungen, längere Reisen, ein genetisch bedingter Defekt des Gerinnungssystems oder Gefäßverletzungen können dazu führen, dass sich Blutgerinnsel im tiefen oder oberflächlichen Venensystem bilden.
Die meisten Thrombosen treten in den Beinen auf (Beinvenenthrombose), im Bereich der Armvenen deutlich seltener. Armvenenthrombosen treten meistens im Rahmen von Krebserkrankungen oder nach Einbringen von venösen Kathetern und Sonden auf.
Es kann zu Schwellung, Rötung oder Schmerzen an Armen oder Beinen kommen, um Komplikationen wie einer Lungenembolie vorzubeugen muss eine rasche Diagnostik stattfinden. Die Diagnostik erfolgt stets mittels farbkodierter Ultraschalldiagnostik, die zur Diagnose ausreicht.
Bei Verdacht auf Lungenembolie muss eine abklärende CT-Untersuchung mit Kontrastmittel durchgeführt werden, zudem muss eine akute Beeinträchtigung der Herzfunktion per Herzultraschall ausgeschlossen werden.
Bei Bestätigung der Diagnose Thrombose erhalten die Patienten eine blutverdünnende Medikation und eine Kompressionstherapie mit Kompressionsbinden oder –strümpfen, nach Ausschluss einer Lungenemboile muss sich der Patient normal bewegen.
Nach der Akutphase umfasst die weitere Behandlung auch eine Ursachenabklärung, um weitere thrombotische Ereignisse möglichst vermeiden zu können. Ferner wird die Dauer und Art der Blutverdünnung und der Kompressionstherapie individuell für jeden Patienten anhand von Leitlinien festgelegt.
Die oberflächliche Venenentzündung (Thrombophlebitis) ist ein thrombotischer Verschluss der oberflächlichen Venen mit Ausbildung einer lokalen Entzündung. Ursächlich sind oft Krampfadern.

Lungenembolie
Eine Lungenembolie ist ein potentiell lebensbedrohliches Krankheitsbild, unbehandelt präsentiert eine Sterblichkeitsrate von ca. 30%. Sie wird meistens durch ein Blutgerinnsel (Thrombus) verursacht, seltener durch Gasbläschen (z.B. CO2 im Rahmen einer Schlüsselloch-Operation im Bauchraum), durch Fett (Fettembolie, z.B. bei Frakturen langer Röhrenknochen) oder Fruchtwasser (im Rahmen der Geburt). In bis 80% der Fälle entsteht das auslösende Blutgerinnsel in den tiefen Bein- und Beckenvenen und gelangt über die untere Hohlvene (Vena cava inferior), den rechten Vorhof und Ventrikel des Herzens in eine oder beide Lungenarterien, die dann verstopft werden. Die Patienten können Luftnot, Brustschmerzen, erhöhte Herz- und Atemfrequenz sowie Husten mit blutigem Auswurf präsentieren. Der Gasaustausch ist stark reduziert, der Körper bekommt weniger Sauerstoff. Bei großen Lungenembolien ist die rechten Herzseite stark belastet, das kann zu bösartigen Herzrhythmusstörungen und Herzpumpversagen führen. Die Patienten müssen intensivmedizinisch behandelt werden, das Allerwichtigste dabei ist eine schnelle Entlastung des Herzens durch Verringerung der Thrombusmasse (medikamentös bzw. in seltenen Fällen auch mechanisch – Zertrümmerung der Blutgerinnsel mit einem Katheter oder operative Entfernung). Zudem muss für erhöhte Sauerstoffzufuhr gesorgt werden. Die Patienten werden monatelang oder auf Dauer mit Blutverdünnungsmittel behandelt. Wie bei den Venenthrombosen muss dann im Verlauf eine Ursachenabklärung stattfinden.

Krampfadern
Krampfadern (Varizen) entstehen aufgrund einer Erweiterung und Durchlässigkeit der Venenklappen, die häufig genetisch veranlagt oder Folge einer tiefen Venenthrombose ist. Die Krampfadererkrankung kommt häufig vor und kann unbehandelt zu Hautveränderungen, Venenentzündungen, Geschwüren und Thrombosen führen. Je nach Beschwerden wird gemeinsam mit dem Patienten festgelegt, ob eine Kompressionstherapie ausreicht oder ob ein Eingriff zur Varizenbeseitigung notwendig ist.

Chronisch venöse Insuffizienz und postthrombotisches Syndrom
Thrombosen, Krampfadern und sonstige Venenschwächen durch Funktionsstörungen der Venenklappen (z.B. bei starkem Übergewicht) führen zu einer chronischen Blutstauung in den Beinen, die als chronisch venöse Insuffizienz (CVI) bezeichnet wird. Langfristig können dadurch chronische Beinschwellungen, Hautveränderungen und Geschwüre auftreten. Das Auftreten solcher Veränderungen nach einer Bein- oder Armvenenthrombose bezeichnet man als postthrombotisches Syndrom (PTS).

Thrombosen der Bauchvenen
Die Pfortader (Vena portae) sammelt das Blut aus den unpaaren Bauchorganen (Magen, Dünndarm, Dickdarm, Teile des Mastdarms, Bauchspeicheldrüse und Milz) und führt es der Leber zu. Thrombosieren können sowohl die gesamte Pfortader (Pfortaderthrombose) oder nur einzelne ihrer Zuflüsse (Mesenterialvenenthrombose oder Milzvenenthrombose). Oft liegt ursächlich eine Krebserkrankung oder Entzündung (z.B. der Bauchspeicheldrüse) vor, zudem präsentieren viele Patienten Blutgerinnungsstörungen.

Lymphgefäßerkrankungen

Lymphödem:
Die Lymphe ist eine eiweißreiche Flüssigkeit des Zwischenraumes, die über Lymphbahnen herzwärts abtransportiert wird. Bei gestörter Transportkapazität der Lymphgefäße entsteht eine chronische Schwellung der Beine namens Lymphödem. Ein Lymphödem kann auch durch Zerstörung oder Entfernung der Lymphknoten entstehen, z.B. im Rahmen einer Krebs- oder Gefäßoperation.

Entzündliche Lymphgefäßerkrankungen:
Die Lymphangitis ist eine Entzündung der Lymphbahnen von Haut und Unterhautfettgewebe, die meistens von Bakterien verursacht wird. Im entsprechenden Lymphabflussgebiet sind die Lymphknoten entzündet, im weiteren Verlauf kann sich ein Lymphödem entwickeln.

Spezielle Gefäßerkrankungen

Gefäßentzündung (Vaskulitis):
Im Rahmen von Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises kann es zu Mitbeteiligung der Arterien kommen, daraus können schwerwiegende Durchblutungsstörungen entstehen. Besonders häufig sind dabei Arterien des Schultergürtels und des Kopfes betroffen.

Funktionelle Durchblutungsstörungen:
Sind durch eine Fehlregulation im Bereich der kleinsten Gefäße (Kapillare) verursacht, bedingt entweder durch Kälteintoleranz (Raynaud-Syndrom, Akrozyanose) oder durch Überempfindlichkeit gegenüber Wärme (Erythromelalgie).

Vaskuläre Kompressionssyndrome:
Einklemmungen der Gefäße durch Muskelteile oder Sehnenstränge können zu immer wiederkehrenden Beschwerden in bestimmten Positionen oder bei bestimmten Belastungen führen. Diese Erkrankungen treten insbesondere im jugendlichen oder mittleren Alter auf und können langfristig zu schwerwiegenden Komplikationen führen. Beispiele: Thoracic-outlet-syndrom, popliteales Entrapementsyndrom, Tibialis anterior-Syndrom, Truncus-coeliacus-Kompressionssyndrom, Nussknacker-Syndrom, May-Thurner-Syndrom.

Iliakalendofibrose:
Jahrelanges übermäßiges Abknicken der Beckenschlagader durch starke Hüftbewegungen, gepaart mit Kompression und Scherbelastung durch eine Verdickung der Leistenmuskulatur kann bei Leistungs- und Extremsportlern (z.B. bei Triathlonteilnehmern) zu einer krankhaften Verdickung der Gefäßinnenwand (Intimahyperplasie) mit nachfolgender Minderdurchblutung des betroffenen Beines bei Belastung führen. Davon betroffen sind z.B. 10% bis 20% aller Profiradfahrern.

Gefäßverletzungen
Scharfe oder stumpfe Verletzungen der Arterien führen initial zu großem Blutverlust, bis zum lebensbedrohlichen hämorrhagischen Schock. Im weiteren Verlauf kann sich die verletzte Arterie ausweiten (Aneurysmabildung) und somit als Sammelbecken für Blutgerinnsel dienen.
Verletzungen der Venen führen zu weniger Blutverlust, können aber in späteren Stadien durch Blutgerinnselbildung komplett verstopfen (Thrombose).

Gefäßmalformationen
Fehlbildungen der Gefäße können nur kosmetisch störend sein, oft führen sie aber zu ernsthaften Funktionsstörungen in den Körperregionen wo sie auftreten. Im Falle von Gefäßverbindungen zwischen Arterien und Venen (arteriovenöse MalformationenAV-Fisteln) wird das Blut nicht über Kapillaren ans Gewebe abgegeben, die somit entstandene venöse Druckerhöhung kann z.B. im Gehirn zu schwerwiegenden Blutungen führen. Häufig machen sich Gefäßmalformationen schon im Jugendalter bemerkbar.